Abenteuer Natur! Kammerjäger mit langen Beinen | Wenn Ende September oder Anfang Oktober uns noch einmal ein Hoch schönes Wetter beschert, glitzert und glänzt es in der Luft. Dies ist ein untrügliches Zeichen dafür, daß jetzt der sogenannte Altweibersommer da ist. Der Altweibersommer ist die große Zeit der Jungspinnen | Dies ist auch die Zeit, in der wir vom Sommer endgültig Abschied nehmen. Die meisten von uns haben den Urlaub schon hinter sich. Er ist im allgemeinen nur noch einige schöne Erinnerungen wert, die man beim gelegentlichen Betrachten der Urlaubsfotos auffrischen kann. Nicht so die Jungspinnen. Ihre große Reise-Zeit beginnt an diesen Tagen des Altweibersommers. An einem Spinnfaden hängend, lassen sie sich vom warmen Herbstwind davon tragen. Auf diese Art und Weise unternehmen sie oft kilometerweite Reisen um dann als Jungtiere neue Verbreitungsgebiete zu besiedeln. Man hat solche Jungspinnen schon in einer Höhe von 4000 m gefangen. Ebenso waren sie schon 100 km von jeder Küste entfernt. An warmen Tagen des Spätsommers steigen sie vormittags in die Höhe und sinken nachmittags, wenn die Luft kühler wird, wieder herab. Was wir von diesem faszinierendem Schauspiel sehen, sind nur die glitzernden, hauchzarten Fäden in der Luft, die besonders im Gegenlicht der tiefstehenden Abendsonne aufleuchten. An jedem dieser Fäden hängt eine kleine Spinne, die für uns unsichtbar ist. Sie reiten sozusagen auf und mit dem Wind! Biologen nennen die Flugtechnik dieser Jungspinnen auch „Ballooning“, was soviel bedeutet wie Ballonfahren | | | Der Altweibersommer im Volksglauben In der nordischen Mythologie sollten diese Fäden den Winter ankündigen. Sie stammten von den Webstühlen der Schicksalsgöttinnen, der Nornen oder „alten Weiber“. Diese wohnten an den Wurzeln des Weltenbaumes und webten dabei die Fäden des Menschengeschicks. Bei uns in Süddeutschland nennt der Volksmund diese Spinnfäden auch Herbstfäden, „Marienfäden“, „Marienseide“, „Marienhaar“ oder „Unserer Lieben Frauen Gespinnst". Wenn die herbstlichen Fäden schon im September fliegen, nennt man diese Zeit "Meten- oder "Meckensommer". Die Bezeichnung kommt von Meten, den angelsächsischen Schicksalsgöttinnen, die diese Fäden gesponnen haben sollten. Alten Menschen, an denen solche Spinnfäden hängen bleiben, sollten sie Glück bringen. Diese Schönwetterperiode des Altweibersommers soll übrigens beständiges Wetter bringen. Eine Bauernregel heißt ja auch: "Altweibersommer - dann wird der Herbst trocken." Überhaupt entstanden um die Spinnweben des Altweibersommers in Verbindung mit der Jungfrau Maria viele Legenden. Eine erzählt davon, daß Maria mit 11 000 Jungfrauen im Herbst umherzieht und das Land mit Seide überspinnt. Andere Legenden wiederum wissen zu berichten, daß die Silberfäden des Altweibersommers aus dem Mantel Marias stammen, den sie bei ihrer Himmelfahrt trug. Es befaßten sich jedoch nicht nur schlichte, einfache Menschen damit. Im 17.Jahrhundert erschienen gar drei wissenschaftliche Arbeiten über die "Sacra filamenta Divae virgines (Das heilige Profil der prächtigen Jungfrau)". | | | | Meisterhafte Bauwerke einer ungeliebten Tierart Wenn die von Spinnen gebauten Fangnetze an Bäumen, Gräsern und auf dem Boden am Morgen mit Tauperlen benetzt sind, glitzern und glänzen sie in voller Pracht. | Besonders wenn die Sonne scheint, meint man mitunter, die Umgebung hätte sich in eine Märchenwelt verzaubert. Jetzt, da der im Sonnenlicht aufleuchtende Tau diese Gespinste sichtbar macht, ist es erkennbar, welche Meisterwerke die Spinnen bauen. Insbesonders die Radnetze der Kreuz- und Wespenspinnen sind es, die uns staunen lassen. | | | Kammerjäger auf Insektenjagd Zahllose Menschen empfinden vor Spinnen - selbst wenn sie noch so klein sind - eine Abneigung oder zumindest eine Antipathie. Auch die sogenannte „Arachnophobie“ (Spinnenangst), die sich in einer unerklärlicher Abscheu, Ekel und Angst vor Spinnen äußert, ist bei vielen tief verwurzelt. Deshalb werden diese ruckartig laufenden Achtbeiner überall in Haus, Hof und Garten nicht gerne geduldet. Man trachtet ihnen mit chemischen Mitteln, Pantoffeln, Zeitungen, Besen und Staubsauger nach dem Leben. Noch schlechter ergeht es den Spinnen draußen in der Natur. Viele ihrer Lebensräume sind bedroht. Mittlerweile stehen schon über die Hälfte aller in Deutschland nachgewiesenen Arten auf der Roten Liste. Doch diese langbeinigen Tierchen sind im wahrsten Sinn des Wortes Kammerjäger, die uns keinen Groschen kosten. Sie zählen nämlich zu den erfolgreichsten Schädlingsjägern. Sie fangen Blattläuse, Wanzen, Raupen und Fliegen in ihren Netzen und sind so nützliche Helfer der Gartenbesitzer im Kampf gegen „sogenanntes“ Ungeziefer. | | | | | |